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 "Hi, yeah, all Isms feed off one another, but at the top of the food chain is still the white, corporate, macho, strong ox male" (Kurt Cobain, 1991,Diaries)

The last election hero

Arnold Schwarzenegger will Kaiser von Kalifornien werden

Österreicher in der Politik sind ein gefährliches Kapitel in der wechselvollen Geschichte des Willens zur Macht. Diesmal geht es um einen gebürtigen Österreicher, einen all-austrian farmboy, allerdings amerikanischer als die Amerikaner, der Amerika erobern will.

Erst mal will Schwarzenegger Gouverneur von Kalifornien werden, später dann wohl in der Logik unbezwingbarer Terminatoren Präsident der Vereinigten Staaten. Immerhin konzediert Schwarzenegger gegenwärtig noch auf seine Kiff-Erlebnisse in den 70er-Jahren angesprochen, dass nur Gott perfekt sei. Aber wer weiß schon, ob das morgen auch noch gilt. Allein, was wird nun aus Arnies Lebensregel "Stay hungry"? Denn viel gibt es in dieser stromlinienförmigen Erfolgsstory nicht mehr zu erobern. Terminated to save California and later the world?

Der sensible Doppelbizeps

Schwarzenegger ist die autogene Superpackung, der Selfmade-Fleischpalast mit Grips, der den american dream, der für die meisten Amerikaner längst ausgeträumt ist, wieder wahr macht. Vom fast bettelarmen Einwanderer zum Multimillionär und Schwarm der Massen. Das ist Showbiz, Hollywood und Glamour pur. Kalifornien sammelt sich also, um einen Mythos zu wählen, aber einen, der sich nun als politisches Reality-TV vorstellt. Arnie schließt die Mythen und die Wirklichkeit so kurz, wie es immer der Anspruch des Kinos, nicht weniger der großer Staatsmänner ist. Und der demokratische Wähler, der längst nicht den Glauben an die Machbarkeit der Verhältnisse durch starke Führerfiguren aufgegeben hat, sondern sich durch Hollywoods Allmachtsträume immer wieder aufs Neue darin bestätigt fühlen darf, wird es der smarten Naturgewalt womöglich danken. True lies - das ist das Paradox, das der medienkonditionierte Zeitgenosse genießt, der mit der Kulturindustrie als Lügenbetrieb längst augenzwinkernd seinen Frieden geschlossen hat.

Lange vor seiner Terminatoren-Laufbahn war Schwarzenegger trotz Doppelbizeps und brutalstmöglichen Nautilus-Foltermaschinen der eher sensible Neuerfinder des Body-Building. So überbot er einerseits die moderaten Muskel-Tiere derer von Charles Atlas et alii, ohne sich an Anabolika tot zu schlucken. Andererseits besaß er aber just jene muskelspreizende Grazilität, die ihm der frühe Ballett-Unterricht vermittelte, um unförmige Hulks wie Lou Ferrigno und die anderen Masse-Klötze aus dem Kuriositätenstudio des Body-Building vom Treppchen zu stoßen. Die mussten dann vornehmlich in eher schlecht bezahlten Sandalenfilmen mitlatschen, während Schwarzenegger, der Nichtschauspieler mit dem beschränkten Mienenspiel eines Androiden der ersten, entwicklungsfähigen Baureihe, eben diesen besonders gut gab.

Schwarzenegger hat neben seiner stahlharten auch die menschliche, weiche Seite betont. Kaum so, dass man ihn für einen Softie hätten halten können, aber immerhin so weit, dass ihm auch Typen mit "human touch" gelungen sind. Hölzern zwar, aber das schadet beim populistischen Armutsniveau polyglotter Hollywood-Streifen zum wenigsten. Diese Mixtur aus "Terminator" und "Kindergarten-Cop" ist also jetzt eine hybride Filmfigur, die nur scheinbar aus der Leinwand ins politische Leben tritt. Ein großer Schritt für Kalifornien, nur ein kleiner Rollenwechsel für Schwarzenegger, nicht mehr. Der Kandidat macht es also wie im Film, weil Politik in Amerika ohnehin spätestens seit Reagan nicht viel mehr als das ist. So besucht er Kinder aus armen Familien. Dazu gibt es die üblichen "Wir sind alle eine große Familie"-Bilder. Und selbst die zum Glück verurteilten Kinder werden ihm nicht geglaubt haben, dass das - wie er sagte - alles nur ihretwegen geschehe.

Der Medien-Terminator

Dass der Inhaber des "bachelor's degree" in Volks- und Betriebswirtschaft nicht so blöd ist wie der größere Teil seiner Filme, lässt bereits seine Karriere vermuten. Schwarzenegger wusste sich jederzeit geschickt in der amerikanischen Gesellschaft voranzuhangeln und mit seinen Pfunden, nicht eben wenigen, zu wuchern. Von Miniauftritten, etwa bei Robert Altman, über kleinere Rollen bis hin zum bestbezahlten Schauspieler der Welt. Mit Schwarzeneggers gestischem und mimischen Repertoire in der Weltliga zu schauspielern, ist ohnehin Magie.

Die Einheirat in den Kennedy-Clan war ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum unbedingten Erfolg. Doch das ist weit weniger wichtig als dieser unbedingte und outrierte Glaube an sich selbst, der in glaubensschwachen Zeiten auch andere und allemal Medien ansteckt. Der Mann strahlt die geballte Energie eines Mars-Schokoriegels aus und vergisst selbst nicht die Accessoires für sein aufdringliches Sieger-Charisma. So sieht man den für deutsche Verhältnisse weniger erträglichen Dauerlächler mit jenem albern kracherten Lapislazuli-Ring an der rechten Hand, der wohl seiner Solidität den letzten Schliff geben soll. Seriöse Filmkritik oder der Glaube an politische Kultur kämen gegenüber diesen Selbstinszenierungen längst zu spät. Selbstverständlich weiß der Selbstdarsteller, dass Subtilität nur schadet. Wie im Kino so auch auf Erden...

Und jetzt werden die Bilder, die weder der Wirklichkeit noch dem Film allein angehören, ständig überblendet: Schwarzenegger rettet Kalifornien, der Terminator rettet die Menschheit. Schwarzenegger grinst breit bis zur Kiefernstarre. Nach den letzten Umfragen stellt allein der demokratische Kandidat Cruz Bustamante mit drei Prozentpunkten vor Schwarzenegger noch eine ernsthafte Konkurrenz dar. Aber was sind schon drei Prozentpunkte bei den ohnehin regelmäßig falschen Wahlprognosen und Bustamentes erfolgsgefährdender Steuererhöhungsverheißung?

Total recall

Wahlkampfgefährten wie der Milliardär, Finanzier und Investor Warren Buffet, der ehemalige US-Außenminister George Shultz und Schauspieler-Freund Rob Lowe haben sich dem zivilisierten Barbaren nun zugesellt, um in den Recall-Wahlen am 07. Oktober mit ihrer inhaltsschwangeren Parole "Action" das Rennen zu entscheiden. Steuererhöhungen gibt es bei diesem muskulösen Kompetenzteam "prinzipiell" nicht: "Die Menschen in Kalifornien sind genug bestraft worden. Von dem Zeitpunkt an, zu dem sie in der Früh aufstehen und ihre Klospülung betätigen, werden sie besteuert...". Stattdessen also "Action", was immer das heißen mag. Kraft, Geld und Schönheit - wir haben alles, also wählt uns! Und den Medien gefällt es so gut wie lange nicht mehr. Da wird es kaum stören, dass Schwarzeneggers Filme aus Gründen der Chancengleichheit während des Wahlkampfs vorüber gehend nicht über die Fernseh-Kanäle verstrahlt werden. Selbst der Vorwurf, er habe in seiner wilden Zeit gekifft, gar den Duft der Seligen inhaliert, ganz anders als Clinton, ist hier eher Schönheitsfleck als Makel.

Schwarzenegger hat noch nie verloren. Bei diesem Typ glaubt man längst nicht mehr, dass Hybris bestraft werden könnte. Es gibt jene Passage in "Conan, der Barbar", wo er gefragt wird, ob er denn gar nicht sterben wolle. Selbst seine Kreuzigung überlebt er wohlgemut. Wenn das nicht messianisch ist und Appetit auf noch mehr Frohbotschaften macht. Bush etwa will zwar "Leadership" ausstrahlen, aber die rechte Autorität in dieser unentschiedenen, um Ausdruck ringenden und immer leicht schiefen Physiognomie will ihm nicht so recht gelingen. Bei Schwarzenegger ist das völlig anders. Er hat die Autorität, die sich in dieser Körpermaschine exekutiert, wenngleich sie einem Herzleiden nach zu urteilen auch verwundbar ist. Für Amerikaner verströmt er den österreichischen Holzfällercharme, der in Schwarzeneggers Dialekt fest verankert ist und der ihn von den windkanalgetrimmten No-Names amerikanischer Politik markant unterscheidet.

Ob nun der avancierte Waldbauerbub auch politische Fähigkeiten besitzt, ist geradezu marginal. In Amerika ist der Begriff des Berufspolitikers seit Ronald Reagan oder dem Ex-Gouverneur-Catcher Jesse Venturi keine echte Kategorie mehr. Dass dem Koloss von Kalifornien nun von seinen Mitbewerbern vorgeworfen wird, sich nicht konkret zu politischen Fragen zu äußern, ist nicht nur ungeeignet, Schwarzenegger aus dem medialen Gleichgewicht zu bringen. Die Frage ist in Mediendemokratien doch nicht mal mehr legitim. Wurden Bush und Schröder wegen ihrer politischen Konkretisierungen gewählt? Die Medien sind trunken von Schwarzenegger, weil der Mediator den Beweis antritt, dass die Geschöpfe der Medien real sind. Das politische Programm ist also allenfalls Beiwerk, das zukünftig die politischen Graumänner im Hintergrund erledigen mögen. So hat Schwarzenegger gerade noch in aller Offenheit erklärt, dass die Frage, wo denn der kalifornische Haushalt beschnitten werde, später kundgetan werde, weil die Bürger an Detailfragen ohnehin kein großes Interesse hätten. Das bringt das offene Geheimnis von Mediendemokratien auf den Dollpunkt.

Auf Arnies Homepage kann man ihm auch persönlich Fragen stellen. Haben wir gemacht: "Helfen die Kraft und das Wissen des Terminators, um ein guter Gouverneur zu werden", fragte der Autor scheinheilig. Noch steht eine Antwort aus. Die Frage war ja ohnehin nur rhetorischer Natur und könnte demnächst mit Tatendrang beantwortet wird: "It is time to return California to the people." Mehr gibt es wohl nicht zu sagen. Die Niedersachsen-Wahlen könnte Schwarzenegger mit solchen Bauernfänger-Sprüchen vielleicht doch nicht gewinnen. Angeblich sind die Deutschen laut einer Umfrage noch nicht so weit, ihr Schicksal solchen Macher-Typen wie dem Terminator anzuvertrauen. Anderen Umfragen zufolge soll Schwarzenegger bei 51% der deutschen Männer unter 30 Jahren aber wählbar erscheinen. Sollte erfolgreiche Politik mitunter nichts anderes sein als die Antwort auf hormonelle Haushaltslagen?

Goedart Palm 22.08.2003 Original unter www.telepolis.de

 

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